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Bereits Mitte dieses Jahres wurde im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein Gesetzesentwurf zur Verbesserung der Tierhaltungsbedingungen ausgearbeitet. Eine verbindliche bundesweite Tierhaltungskennzeichnung soll eingeführt werden und ein höheres Tierwohl sicherstellen. Grundsätzlich soll dieses Gesetz für alle Tierarten gelten, zu Beginn soll es sich jedoch lediglich auf frisches Schweinefleisch beziehen. Andere Fleischsorten sollen schrittweise in die Kennzeichnung integriert werden. Nachdem das Bundeskabinett am 12.10.2022 den Gesetzesentwurf bereits beschlossen hat, durchläuft dieser nun das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren und soll im Sommer 2023 in Kraft treten. Doch aus der Landwirtschaft und von Tierschutzvereinen kommt nun deutliche Kritik an der geplanten Umsetzung sowie an den Inhalten.

Landwirtschaftliche Tierhaltung nachhaltig gestalten

Das Ziel dieses Gesetzentwurfs ist eine nachhaltige und zukunftsfeste Gestaltung der deutschen Landwirtschaft. Tier- und Klimaschutz soll eine größere Rolle spielen und Verbraucher sollen auf den ersten Blick erkennen können wie die jeweiligen Tiere gehalten worden sind. Damit einhergehend sollen auch weitere Fördermaßnahmen zum notwendigen Umbau der Ställe bereitgestellt werden. Eine verbindliche bundesweite Tierhaltungskennzeichnung soll der erste Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Tierhaltung in ganz Deutschland sein. Diese soll auch dafür sorgen, dass die Bemühungen einiger Landwirte hinsichtlich der Umsetzung qualitativ höherwertiger Tierhaltungsbedingungen von den Konsumenten wahrgenommen werden und nicht in der Vielzahl privatwirtschaftlicher Kennzeichnungen untergehen.

Beispiel für eine nachhaltigere Schweinehaltung mit Zugang zu Auslauf im Freien.

Zentrale Aspekte der geplanten bundesweiten Tierhaltungskennzeichnung

Zentrale Aspekte sind die verpflichtende Kennzeichnung von in Deutschland gehaltenen Tiere, die als Lebensmittel an die Endverbraucher verkauft werden. Anders als bisherige Kennzeichnungen soll hierbei nicht nur verpackte Ware im Supermarkt gekennzeichnet werden, sondern ebenso Fleisch, welches an der Frischetheke oder auf dem Wochenmarkt verkauft wird. Die Kennzeichnung muss gut lesbar auf der Verpackung abgedruckt bzw. im Falle von unverpackten Produkten gut lesbar für den Konsumenten in der Nähe des Produkts angezeigt werden. Ausschlaggebend für die Auszeichnung mit der jeweiligen Haltungsstufe sollen dabei die Bedingungen während der Mast sein. Eine Auszeichnung wird in 5 Stufen erfolgen, die im folgenden Abschnitt genauer definiert werden.

Welche Bedeutung haben die einzelnen Stufen der Tierhaltungskennzeichnung?

Insgesamt sind für die verpflichtende bundesweite Tierhaltungskennzeichnung 5 Stufen verschiedener Haltungsformen angedacht: Diese werden wie folgt bezeichnet: Stall, Stall+Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland und Bio.

Die Haltungsform Stall bezieht sich dabei auf die Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen. Stall+Platz garantiert 20% mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben sowie die Ausgestaltung des Stalls durch verschiedene Lichter, Temperaturen oder Ebenen. Ein Frischluftstall wird neben 46% mehr Platz ebenfalls durch eine offene Stallseite gekennzeichnet, die es den Tieren ermöglicht Regen, Sonne und Wind wahrzunehmen. Die Haltungsform Auslauf/ Freiland bietet den Schweinen einerseits 86% mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und andererseits täglich mindestens 8 Stunden Auslauf im Freien. Die letzte Stufe Bio orientiert sich an der EG-Ökoverordnung 2018/848. Diese beinhaltet im Wesentlichen noch mehr Platz sowie eine umfangreichere Auslauffläche.

Entwurf der verbindlichen und bundesweiten Tierhaltungskennzeichnung
Tierhaltungskennzeichnung, Quelle: www.bmel.de

Kritik an der bundesweiten Tierhaltungskennzeichnung

Aus der Landwirtschaft und von Tierschutzvereinen wird der Gesetzentwurf scharf kritisiert. Dementsprechend beschreibt die Initiative Tierwohl diesen Entwurf als Rückschritt hinsichtlich des Tierwohls auch der Deutsche Raiffeisenverband DRV kritisiert die fehlende Rücksichtnahme auf funktionierende Kennzeichnungen wie die der Initiative Tierwohl. Darüber hinaus gäbe es keine konkreten Vorschläge zur Neuauslegung des Bau- und Emissionsrecht und es würde nicht die gesamte Wertschöpfungskette mit einbezogen, sondern lediglich die Bereiche Mast und Frischfleisch. Darüber hinaus wird kritisiert, dass dieses Gesetz zu einem Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen führe, da Fleisch aus ausländischen Betriebe auf dem deutschen Markt nicht gekennzeichnet, sondern lediglich als „nichtkennzeichnungspflichtig“ vermerkt werden müsse. Somit haben ausländische Betriebe die Möglichkeit sich freiwillig für oder gegen eine derartige Kennzeichnung ihrer Produkte zu entscheiden. Der Deutsche Bauernverband DBV sowie der Tierschutzbund kritisieren ebenfalls die fehlende Einbeziehung der gesamten Wertschöpfungskette. Es werde weder Transport oder Schlachtung in die Bewertung mit einbezogen, noch die Behandlung aus dem Ausland importierter Ferkel. Es bräuchte dementsprechend neben einer Tierhaltungskennzeichnung ebenfalls eine Herkunftskennzeichnung.

Schweinetransport wird bislang nicht im Gesetzesentwurf berücksichtigt.

Agrarausschuss des Bundesrates lehnt Gesetzesentwurf ab

Auch die Bundesländer haben im Rahmen des Agrarausschuss des Bundesrates die geplante Einführung der bundesweiten Tierhaltungskennzeichnung mehrheitlich abgelehnt. Im Mittelpunkt der Kritik steht von Seiten der Bundesländer die Tatsache, dass dieser Gesetzesentwurf zu einer alleinige Kontrolle der Vergabe der Fördergelder durch den Bund führen würde und die Länder ihre Entscheidungskompetenz verlieren würden.

Des Weiteren werden aber auch große inhaltliche Lücken innerhalb des Entwurfes kritisiert sowie die fehlende Einbeziehung wichtiger Schritte der Wertschöpfungskette wie Transport, Schlachtung, aber auch Aufzucht. Außerdem fehle eine umfassende Finanzierungsstrategie und der Großteil des Marktes wird durch die Beschränkung auf frisches Fleisch nicht abgedeckt. Dazu kommt ein hoher Bürokratieaufwand der Landwirte, dem gleichzeitig nur geringe Kontrollmöglichkeiten gegenüber stehen. Insgesamt wurden 65 Nachbesserungen gefordert, zu denen der Bundesrat am 25.11.2022 im Plenum Stellung beziehen kann. Auch wenn dieser Gesetzesentwurf nicht zustimmungspflichtig ist, wird der Druck auf den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, durch die anhaltend hohe Kritik an der Ausgestaltung seines Entwurfs von verschiedenen Seiten erhöht. Eine Anpassung scheint somit wahrscheinlich. In welchem Maße diese stattfindet, ist vor dem 25.11. nur schwer vorherzusagen.

Quellen:
(Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 07.06.2022, BMEL – Publikationen – Eckpunkte für eine verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung)
(Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 12.10.2022, BMEL – Tierhaltungskennzeichnung – Entwurf für Tierhaltungskennzeichnungsgesetz vom Kabinett beschlossen)
(Lehmann, agrarheute, 10.12.2022, Staatliches Tierwohl-Label kommt: Landwirte und Tierschutz üben Kritik | agrarheute.com)
(Lehmann, agrarheute, 09.11.2022, Özdemirs Tierwohl-Label und seine Finanzierung floppen bei den Ländern | agrarheute.com)

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