Der zweifache Anstieg des Mindestlohns in Deutschland innerhalb eines Jahres bringt nicht nur Vorteile mit sich. Experten sehen eine Gefahr für besonders arbeitsintensive Landwirtschaftsbetriebe und befürchten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen europäischen Ländern.
Mindestlohn liegt ab 01.10.2022 bei 12 Euro pro Stunde
Nachdem die Bundesregierung bereits zum 01.07.2022 den Mindestlohn auf 10,45 Euro angehoben hat, folgt nur drei Monate später ein weiterer Anstieg auf 12 Euro. Diese Höhe der Vergütung soll eine leistungsgerechte Bezahlung und ein Zeichen des Respekts für die gute geleistete Arbeit darstellen. Darüber hinaus soll diese Anhebung dem wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft dienen. Damit beträgt der Mindestlohn ab sofort rund 60% des Medianlohns in Deutschland. Dadurch würde eine empfohlene Richtgröße widergespiegelt werden, heißt es von der Bundesregierung. Von der Erhöhung des Mindestlohns seien rund sieben Millionen Menschen betroffen. In der Landwirtschaft kann man mit rund 275.000 Saisonarbeitern in Deutschland rechnen.
DBV befürchtet Verschiebung des Obst- und Gemüseanbaus in andere Länder
Lange haben sich die Landwirtschaftsverbände in Deutschland gegen die Umsetzung der Anhebung der Mindestlöhne in der Landwirtschaft gewährt. Grundsätzlich stimmt man dem Konzept des Mindestlohns zu, um auch den Angestellten im Niedriglohnsektor einen gewissen Lebensstandard zu gewährleisten, die Höhe der Anhebung würde die Branche jedoch vor enorme Schwierigkeiten stellen. So sprach sich auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, für eine spätere, schrittweise Anhebung des Mindestlohnes aus. Das derzeitige Vorgehen erhöhe den ohnehin schon hohen Wettbewerbsdruck und stelle eine Gefahr für die Wirtschaftlichkeit einiger Unternehmen dar. Darüber hinaus wird befürchtet, dass die Anhebung des Mindestlohnes auf 12 Euro pro Stunde eine Verschiebung des Obst- und Gemüseanbaus in Länder mit geringerem Mindestlohn zur Folge hat.

Landwirtschaftsverbände sind geschlossen dagegen
Der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) sowie der Zentralverband Gartenbau (ZVG) kritisieren die Anhebung des Mindestlohnes ebenfalls und bezeichnen diese sogar als Eingriff in die durch das Grundgesetz geschützte Tarifautonomie.
Ein weiterer Kritikpunkt aus der Landwirtschaft ist die damit einhergehende Verpflichtung der täglichen elektronischen Erfassung der Arbeitszeiten der Beschäftigten, die auf Mindestlohnbasis beschäftigt sind. Diese stellen eine weitere Kostenbelastung dar, weil für die Betriebe neben Investitionen in eine entsprechende Software ebenfalls Ausgaben für stationäre Technik sowie für mobile Erfassungsgeräte anfallen.
Mindestlohn als Wettbewerbsvorteil?
Andererseits kann die Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 Euro aber auch als Wettbewerbsvorteil für den Arbeitsstandort Deutschland angesehen werden. Durch diese Anpassung ist das Land attraktiver für Saisonarbeitskräfte und zieht Erntehelfer aus Ost- und Südeuropa an. Ohne den Anstieg des Mindestlohnes würden diese andere Länder vorziehen, in denen die Durchsetzung des Mindestlohnes besser geregelt sei.
Der Bund verwies im Bundestag außerdem darauf, dass die Mindestlohnerhöhung im Jahr 2015 ebenfalls keine negativen Auswirkungen auf die Branche mit sich gebracht habe und es keine Anzeichen dafür geben würde, dass es in diesem Fall anders sein würde.

Höherer Mindestlohn spielt in dieser Erntesaison keine Rolle mehr für die Landwirtschaft
Dadurch, dass die Anhebung des Mindestlohnes erst am 01.10.2022 stattgefunden hat, geht die Bundesregierung davon aus, dass sie für diese Erntesaison keine Auswirkungen mehr auf die allermeisten landwirtschaftlichen Betriebe habe. Die Erntesaison sei in den meisten Fällen bereits abgeschlossen. Somit würde den landwirtschaftlichen Betrieben bis zum Start der nächsten Saison eine gewisse Vorlaufzeit eingeräumt, innerhalb derer man sich auf die neuen Regelungen einstellen könne.
Ausnahmeregelungen für die Landwirtschaft wurden von der Staatssekretärin des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Silvia Bender, abgelehnt. Das Problem von zu niedrigen Preisen dürfe nicht auf Kosten der Sozialstandards in der Landwirtschaft gelöst werden.
Zukünftige Veränderung der Personalstruktur in der Landwirtschaft
Die Personalstruktur innerhalb der landwirtschaftlichen Branche wird sich in den kommenden Jahren aufgrund von verschiedenen Entwicklungen verändern. Einerseits werden aufgrund des weiter voranschreitenden technischen Fortschritts auf lange Sicht weniger Arbeitskräfte in der Landwirtschaft benötigt. Andererseits ist aber auch der Ausbau des Ökolandbaus geplant. Dieser geht einher mit arbeitsintensiveren Aufgaben, wodurch eine höhere Anzahl an Arbeitnehmern benötigt wird. Da viele Vorgänge zunehmend digitalisiert und mechanisiert werden, verändern sich die Arbeitsaufgaben aber auch inhaltlich immer weiter. Hier findet ein Trend zu höherwertigen Beschäftigungen in der Landwirtschaft statt.
Wettbewerbsvorteil oder Wettbewerbsverzerrung?
Ob die Anhebung des Mindestlohnes letztendlich einen Vorteil oder einen Nachteil für die deutsche Landwirtschaft darstellt, kann an dieser Stelle nicht endgültig geklärt werden. Was jedoch sicher ist, sind die steigenden Kosten für die Branche, wenn auf Saisonarbeitskräfte zurückgegriffen wird.
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Quellen:
(Armbruster & Geiser, br.de, 30.09.2022, Bauernverband kritisiert Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro | BR24)
(Bundesregierung, 30.09.2022, Zwölf Euro Mindestlohn ab Oktober 2022 | Bundesregierung)
(Lehmann, agrarheute, 25.02.2022, Agrarverbände kritisieren Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro | agrarheute.com)
(Proplanta, 13.03.2022, Absage an Ausnahmen für die Landwirtschaft beim Mindestlohn | proplanta.de)